Gestaltung des Kontaktes
Ermöglichungsdidaktik - Ermöglichungspädagogik -
Sensitive Pädagogik oder die Pädagogik des Kontaktes
Wie soll ich eine Pädagogik nennen, die sowohl die Selbsttätigkeit und -wirksamkeit des Menschen als Grundvoraussetzung anerkennt und zugleich die "Glaskugelmentalität" vieler, ansonsten gelungener Ansätze ablehnt? So geht es hier um die Entwicklung eines pädagogischen Ansatzes, der ausgehend von den konstruktivistischen Annahmen, die Selbstbildung und -wirklichkeit ins Zentrum stellt. Wohl wissend, das Bildungsprozesse "ko-konstruktiv" motiviert sein können. Die in diesem Zusammenhang, u. A. von Anke König, formulierte These, dass Bildungsprozesse in erster Linie nicht vom Individuum selbst ausgehen, halte ich für falsch. Sicherlich verlaufen diese über den Kontakt zu anderen, der Kontakt und die Annahme des Gegenübers ist jedoch nicht automatisch bildungsförderlich gegeben. Jegliches Kontakt- und Beziehungsangebot von Seiten der/des Pädagogin/en bleibt ein Angebot und Experiment ohne Wirkungsgarantie. Die auf Vertrauen basierende Arbeit mit dem Menschen erfordert deshalb in der Kontaktgestaltung zunächst eine Sensitivität (die ich gerne mit der Kunst des "Pferdeflüsterns" vergleiche) und der "Ars rogandi" ( Kunst zu fragen). Auch der Ansatz der "Responsivität", wie er z.B. von Dorothee Gutknecht vertreten wird, halte ich im Bezug auf das "Antwort geben" oder die "Resonanz" für entwicklungsbedürftig. Denn häufig werden die mimetische Veranlagung des Menschen und die autopoietischen Prozesse übersehen oder bewusst, für das Prinzip "Wachstum", geopfert. Was hier so einfach klingt, hat jedoch weitreichende Folgen, die ich hoffentlich im Austausch beleben und belegen kann.
Die von Rolf Arnold geprägte "Ermöglichungsdidaktik" ist zunächst die erneute Grundlage meiner Überlegungen gewesen, ebenso die Ermöglichungspädagogik zu etablieren. Doch dies würde meinen Vorstellungen nicht ganz gerecht werden, da ich bereits seit vielen Jahren zum Kontakt und der Aufgabe der Wirkung pädagogischer Beziehungen forsche. Ein wichtiges Element neben der Beziehung ist für mich die von Anfang an gegebene Persönlichkeit des Gegenübers. Dies bedeutet für mich, dass ich das Kind von Anfang an als Persönlichkeit sehe, welches schöpferisch und autopoietisch wirkt und sich entfaltet.
Als "geistiges Kind" der "Non-direktiven Pädagogik" von Wolfgang Hinte versuche ich, diese seit Jahren weiter zu entwickeln. Die jeweiligen Ansätze wie die "Ermöglichungsdidaktik" (R.Arnold), "Die entwicklungsfreundliche Beziehung" (B. Senkel) und die "Resonanzpädagogik" (Hartmut Rosa), um nur einige zu nennen, welche mich beeinflussen, sind für sich ausgezeichnete Ansätze und Überlegungen, sie reichen m.E. jedoch für sich alleine nicht aus, um die Möglichkeiten und Wirkungen im pädagogischen Kontakt verstehen und zukunftsweisend initiieren zu können.
Vieles was hier zu finden ist, soll nicht als wissenschaftliche Abhandlung verstanden werden, sondern zum "nachdenken" anregen, der Auseinandersetzung dienen und Verunsicherung und Fragen ermöglichen. Es könnte aber auch anders sein, als ich denke...
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Was bedeutet Autopoietisch?Der Begriff Autopoiesis oder Autopoiese (altgriech. αυτος „selbst“ und ποιεω „schaffen, bauen“) ist der Prozess des "sich Selbermachens" und der Selbsterhaltung von Lebewesen oder lebenden Systemen. Der durch die Autoren Maturana und Varela, etwas gewöhnungsbedürftige Begriff, kommt aus dem Radikalen Konstruktivismus und bezeichnet, dass das System nicht nur sein Verhalten, sondern überhaupt seine Existenz durch sich selbst erzeugt. Mit dem Begriff der Autopoiesis sind die folgenden Annahmen verbunden: - Die eigenen Zustände werden im Inneren gestaltet und gesteuert (Selbstreferentialität). - Das Gehirn nimmt nur innere Zustandsveränderungen war, so das ein initiierender Reiz von Außen, zur Selbstveränderung führt und erst durch diese innere Veränderung wahrgenommen wird (operationale Geschlossenheit). - Mit der operationalen Geschlossenheit geht ein weiterer Begriff einher, nämlich "Strukturdeterminiertheit". Diesen Begriff benutzen sie, wenn es um die Beziehung eines lebenden Systems zu seiner Umwelt und die Wirkung der Umwelt auf das lebende System geht. Hier bestimmt die Struktur oder Eigenschaft des lebenden Systems, welche Zustände bzw. Verhaltensweisen es einnimmt. Sehr anschaulich wird dies in einer Metapher von Gregory Bateson (Strukturdeterminiertheit). - Lebende Systeme (Lebewesen), folglich auch Menschen, sind nicht nur "autonom", sondern ebenso dynamisch. Diesen dynamischen Zusammenhang nennen Maturana und Varela "strukturelle Koppelung". Dies bedeutet, dass Lebewesen ihren Kontakt zur Außenwelt selbst auswählen. (Strukturelle Koppelung).
Dies macht deutlich, dass Erziehung wirkt, aber nicht bewirkt. (Rolf Arnold)
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"Nicht dieser Text legt fest, was Sie lesen, sondern Ihre Struktur, Ihre jeweilige Befindlichkeit. Dabei obliegt es jedoch allein mir, keinen Unsinn zu verzapfen, denn ich bin selbst verantwortlich für das, was ich schreibe – bloß bin ich nicht verantwortlich für das, was Sie lesen." Quelle: http://lexikon.stangl.eu/2312/autopoiese/ © Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik |
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